Eine regnerische Nacht

Eine regnerische Nacht - Von Matthias Hüttenbach , 2025

April. Es war früh morgens, als es plötzlich an meiner Zimmertür klopfte. Ich zog mir schnell etwas an und öffnete die Tür. Es war mein Vermieter. "Guten Morgen.", sagte er. "Guten Morgen.", antwortete ich. Erst jetzt sah ich, dass er nicht alleine war. Hinter ihm im Flur standen 5 Polizisten und offenbar noch mehr von ihnen im Treppenhaus. Auch mein Mitbewohner stand mit verschränkten Armen hinter den 5 Polizisten. Alle starrten mich an. Plötzlich bemerkte ich, dass die Zimmertür von meinem Mitbewohner in Form von unzähligen Holzsplittern auf dem Boden des Flurs lag. "Was ist hier passiert?", fragte ich. "Was hier passiert ist?", sagte mein Vermieter. "Ist das Ihr ernst?" "Was hier passiert ist, würden wir gerne von Ihnen wissen, Herr Hüttenbach.", sagte einer der Polizisten. "Laut Ihrem Mitbewohner haben Sie sich gestern Nacht mit einer Kettensäge gewaltsam Zutritt zum Zimmer Ihres Mitbewohner verschafft, weil Sie ihn beschuldigten Ihr Sandwich aus dem Kühlschrank geklaut zu haben. Anschließend stellte sich jedoch heraus, dass sich Ihr Sandwich unter einem alten Pizzakarton in Ihrem eigenen Zimmer befand. Möchten Sie sich zu dem Vorfall äußern?" "Ich kann mich nicht daran erinnern.", sagte ich, was absolut der Wahrheit entsprach. Tatsächlich hatten mein Mitbewohner und ich letzte Nacht sehr viel Bier getrunken. Scheinbar war es anschließend zu einem heftigen Streit gekommen. Doch wie konnte jemand, ich meine, wie konnte ICH soetwas Schreckliches tun?

"Ihr Nachbar sieht von einer Anzeige ab.", sagte ein anderer Polizist. "Da haben Sie wieder einmal Glück gehabt, nicht wahr, Herr Hüttenbach? Aber eines Tages buchte ich Sie ein, das schwöre ich bei meiner Dienstmarke!" Jetzt kam mir der Polizist sehr nahe und sagte so leise, dass nur ich es hören konnte: "Sie kommen einfach immer wieder davon und das gefällt mir nicht!" "Außerdem," sagte der Vermieter und räusperte sich, "muss ich Sie bitten bis Ende des Monats auszuziehen. Das war jetzt schon der wie vielte Vorfall dieser Art? Der 26ste?" "Der 28ste.", korrigierte der Polizist, der mir soeben gedroht hatte, meinen Vermieter. "Der 28ste!", sagte mein Vermieter und lachte. Dann sagte er: "Ich bin sehr tolerant, aber bitte suchen Sie sich etwas Neues. Wenn ich es mir Recht überlege, hätte ich Sie schon damals rausschmeißen sollen als Sie betrunken einer columbianischen Drogenmafia angeboten haben, Ihre Wohnung als Hauptqartier und zentralen Lagerplatz für ihre Geschäfte zu nutzen. Oder als Sie ebenfalls betrunken das gesamte Haus in Brand gesteckt haben, weil Sie Rauchzeichen an Aliens senden wollten. Ich mag Sie, wirklich, aber Sie sind eine Gefahr für die anderen Bewohner des Hauses. Sie sagen ja selbst, dass Sie sich an nichts erinnern können." Er hatte Recht. Das wusste ich. "Stimmt.", murmelte ich leise und sah auf den Boden. Ab diesem Tag habe ich nie wieder Alkohol getrunken. Schreibe dieses Buch zwei Tage später. Nein, schlechter Witz. Ich bitte um Entschuldigung. Es sind ganze zwei Wochen. Zurück zur Geschichte:

Der Vermieter, die Polizei und mein Mitbewohner waren verschwunden. Eine halbe Stunde später kam ein Handwerker-Notdienst und setzte eine neue Tür für den Raum meines Mitbewohners ein. Natürlich auf meine Kosten. Ich ging zurück in mein Zimmer und fing an meine Sachen zu packen. Wo sollte ich hin? Als ich das letzte Mal spontan ausziehen nusste, lebte ich anschließend ein paar Wochen in einer Unterkunft die mir vom Sozialamt Berlin zugewiesen wurde und der jeder den Knast bevorzugen würde. Ich würde lieber in einem Ubahnhof schlafen, als jemals dorthin zurück zu müssen. Ich entschied mich zu einer Kurzschluss Reaktion und beschloss vorläufig zurück in die 600 Kilometer entfernte Stadt meiner Mutter zu ziehen. Dennoch brauchte ich vorübergehend ein Zimmer in Berlin, während ich den Umzug planen würde.

Dann kam mir eine Idee und eine schwache Hoffnung. Eine Freundin wohnte nicht weit weg und sie hat ein großes Haus. Vielleicht könnte ich ein paar von meinen Sachen bei ihr abstellen und vielleicht sogar ein paar Tage bei ihr schlafen. Ich rief sie mit meinem Handy an und als ich sie fragte, ob ich gegen eine Miete von 600€ (was der Miete meiner bisherigen Wohnung entsprach) für einen Monat bei ihr wohnen könnte, willigte sie sofort ein. Natürlich erzählte ich ihr auch ehrlich den Grund dafür, weshalb ich ausziehen musste. "Wenn du nicht mehr trinkst ist ja okay.", sagte sie, "Und ich kann das Geld wirklich gut gebrauchen. Und du musst mir nur 500€ geben."

Eine Woche später hatte ich mit dem Bus alle meine Sachen zu Silvia (so hieß die Freundin, Name wurde geändert) gebracht. Dort wurde ich erst einmal von ihren 17 Katzen und 2 Hunden begrüßt. "Hi Matthias (das bin ich).", sagte Silvia. "Du kennst noch garnicht alle Katzen, oder? Also, das hier ist Clara, das ist Mara, hier ist Sahra, dann Lara, Hannah, Anna, Annika,..." ich versuchte mir die Namen zu merken, doch das Spiel mit den 3 Hüten bei dem man sich merken musste unter Welchem die Erbse liegt, war Nichts dagegen, besonders wenn sich die Katzen bewegten und ihre Plätze tauschten. Ich wohnte ein paar Tage bei Silvia und fühlte mich wie im Urlaub, besonders an meinen freien Tagen an denen ich nicht arbeiten musste und ich fühlte mich auch ein bisschen wie neugeboren, da ich seit vielen Jahren mal wieder längere Zeit keinen Alkohol trank. Bei Silvia war es einfach wundervoll. Sie gab mir ein sauberes Zimmer, richtete mir ein gemütliches Bett ein und machte mir jeden Morgen einen heißen Kaffe. Mit den vielen Tieren gab es immer Bewegung und Chaos im Haus und es wurde nie langweilig. Silvia und ich verstanden uns einfach gut. Sie sagte sogar, dass ich ihretwegen schon vor Monaten hätte einziehen können.

Es war irgendwie anders als früher (wir kennen uns tatsächlich schon viele Jahre). Ich empfand plötzlich eine gewisse Anziehung zu Silvia. Um nicht um den heißen Brei herum zu reden: Ich hatte mich in Silvia verliebt. Velleicht lag es einfach an der Tatsache, dass ich ohne sie obdachlos geworden wäre und ich eine Art Retterin in ihr sah. Außerdem erwähnte sie deutlich, dass sie zurzeit keinen Freund hätte.

Als ich nach den ersten paar Tagen in denen ich bei Silvia wohnte dann endlich zwei Tage Urlaub hatte, unternahmen wir eine Menge. Wir gingen mit den Hunden spazieren, spielten mit ihnen im Garten, erledigten Einkäufe und teilten unser Grass. Genauer gesagt teilte sie Ihres mit mir. Ich fühlte mich beinahe wie in einer richtigen Beziehung mit einer Frau und ich begann mir Hoffnungen zu machen, dass sich vielleicht etwas zwischen uns entwickeln könnte. Doch der Fantasie folgte jedes Mal umgehend ein Dämpfer, denn ich hatte beschlossen und auch meiner Mutter bereits am Telefon gesagt, dass ich Ende des Jahres zu ihr ziehen würde. Da meine Mutter mir dies schon oft angeboten hatte, war ich nicht überrascht aber trotzdem dankbar, dass ich in ihrer Welt noch immer willkommen war, trotz allem was in den letzten Jahren alles passiert war.

Am Abend meines zweiten und letzten Urlaubstages (ich wohnte nun schon seit 4 Tagen bei Silvia), saßen Silvia und ich nach einem langen Spaziergang zu einem entfernten Supermarkt (der wegen Ostern aber leider geschlossen hatte), bei Regen unter ihrem selbstgebauten Dach auf ihrer Terasse und rauchten einen Joint. Es war gemütlich und irgendwie sogar ein bisschen romantisch. Ich wollte die Stille unterbrechen und sagte: "Ich hätte wirklich früher zu dir ziehen sollen." Dann sagte sie: "Mein Freund wird in wenigen Wochen zurückkommen. Ich dachte, dass er mein Handy geklaut hat und habe ihm zum Teufel geschickt, aber ich habe das Handy gestern in meiner Küche gefunden. Im Grunde hat mein Freund nichts getan. Hoffentlich kann er mir verzeihen, dass ich ihn wegen dem Handy beschuldigt habe. Hast du eigentlich Hunger? Ich kann uns noch etwas kochen." "Nein danke.", sagte ich und beobachtete wie der Regen von der Plane tropfte, die Silvia als Dach über die Terasse gespannt hatte. Daraufin sagte eine gefühlte halbe Stunde keiner von uns beiden ein einziges Wort. Silvia streichelte einen der Hunde und ich lauschte dem Regen, der die Szene unterstreichte und mich dazu inspirierte diese Geschichte zu schreiben.

#jkrowling

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